"Kundenorientierung ist, wenn man Prozesse und Strukturen zum Kunden ausrichtet."

 

(a) Botschaft

Hier sind zwei Botschaften enthalten. Die eine "Richten Sie Ihre Prozesse zum Kunden aus" und die zweite "Lassen Sie Ihre Prozesse nicht von ihren Strukturen dominieren, sondern Strukturen den Prozessen folgen".

"Prozess dominiert Struktur" - so lautet die Forderung aus dem "Lean Management". Gleichzeitig ist es wichtig, die Prozesse den Anforderungen des Kunden anzupassen. Dazu gehört natürlich auch gleichzeitig die eigenen Interessen zu wahren. Das ist in einer funktionierenden, auf Nachhaltigkeit ausgelegten Partnerschaft nicht egoistisch, sondern auch im Sinne des Partners.

Sie machen mit Ihren, den Kunden unterstützenden Prozessen Ihre Kunden erfolgreich. Wenn Sie Ihre Prozesse Ihren eigenen Strukturen anpassen, dann hilft das Ihnen dabei, sich und ihre gewachsenen Strukturen nicht verändern zu müssen, aber langfristig bringt das Ihrem Kunden - und in letzter Konsequenz Ihnen - keinen Vorteil.

Das gilt natürlich auch für interne Kundenbeziehungen.Wenn es Ihnen gelingt Ihre Prozesse Ihren internen Kunden anzupassen, werden diese erfolgreicher deren Kunden bedienen können. Sind die Prozesse dort für das Gesamtsystem ihrer beiden Kundenbeziehung nicht von Vorteil, dann überarbeiten Sie gemeinsam ihre Prozesse - und passen dann ihre Strukturen daran an. Ihre gemeinsamen Kunden wird es freuen, wenn Sie sich gemeinsam optimieren.

Wäre es nicht schön, wenn Ihre Dienstleister und Lieferanten ihre Prozesse an den Ihren anpassen würden? Dann kümmern Sie sich darum, dass dies geschieht. Wenn die Unternehmensgrößen zu unterschiedlich sind, etwa Sie klein und der Lieferant groß ist, dann wird das nicht funktionieren. Hinter starken Kunden stehen starke Lieferanten. Wählen Sie sich die Lieferanten aus, die Sie erfolgreich machen und gestalten mit ihnen gemeinsam eine gemeinsame Zukunft basierend auf abgestimmten Prozessen.

(b) Leitfragen

  • Wer sind Ihre wichtigsten internen/externen Kunden? Wie kommen Ihre Leistungen zu Ihren Kunden? Wie entstehen Ihre Leistungen für Ihre Kunden? Sind diese Prozesse den Prozessen Ihrer Kunden angepasst? Bringen Ihre Prozesse Ihrem Kunden einen erlebbaren Mehrwert?
  • Wie benötigen Ihre wichtigsten Kunden Ihre Leistungen, um selbst bei deren Kunden-Kunden erfolgreich zu sein? Berücksichtigen Ihre Prozesse die Prozesse Ihres Kunden im Kontakt mit derene Kunden-Kunden?
  • Wer sind Ihre wichtigsten Lieferanten? Unterstützen diese Ihren Geschäftserfolg? Im ausreichenden Maße? Müssen Sie sich Ihren Lieferanten laufend anpassen? Oder suchen diese den Kontakt zu Ihnen um ihrerseits deren Prozesse an die Ihrigen anzupassen? Welche Ihrer Prozesse hätten Sie gerne von diesen besser unterstützt? Welche nächsten Schritte wollen Sie einleiten?

(c) Anwendungstipps

  • Malen Sie sich ein Mindmap: Von welchem Ihrer Lieferanten fühlen Sie sich optimal unterstützt? Von welchem ein bisschen? Welcher Lieferant zu wenig? Welche Prozesse müsste der Lieferant an Sie anpassen, damit Sie erfolgreicher arbeiten könnten oder Ihrem Kunden erfolgreicher Mehrwert bieten könnten? Was könnten Sie tun, damit dies geschieht?
  • Betrachten Sie Ihre wichtigsten Kunden und dessen Kunden-Kunden. Malen Sie sich Prozesse auf, wie Ihre Produkte und Dienstleistungen an den Kunden kommen und weiter an den Kunden-Kunden. Hören diese Prozesse an Ihrer Haustüre auf, oder docken diese an die Wertschöpfungskette des Kunden an?
  • Liefern Sie Ihrem Chef nicht die eingeforderten Informationen, Folien, Daten, wie er sie braucht, sondern, wie Ihr Chef diese für seinen Chef braucht. (Anm.: Ich nenne das immer "Herr von Unger-Prinzip". Herr von Unger war ein Kunde von mir, der zu seinen Mitarbeitern immer sagte "Erstellen Sie die PowerPoint-Folien nicht wie ich sie brauche, sondern wie ich sie für meinen Chef brauche.").
  • Machen Sie sich bei jeder "Bestellung" bei Ihnen (durch Chefs, Kollegen, andere Abteilungen, Kunden) stets Gedanken darüber, wofür dieser die Leistungen braucht. Fragen Sie nach und klären Sie "Ihren Auftrag". Richten Sie Ihre Prozesse und Strukturen auf diese Anfragen aus und die jeweilgen Folgenprozesse aus.
  • Überprüfen Sie bei jedem Prozess, die Sichtweise des Kunden. Was würde Ihr Kunde dazu sagen? Und was Ihre Kunden-Kunden? Was würden diese sich gerne anders wüschen?

(d) Praxisbeispiele

  • Negativbeispiel: In einem großen Möbelhaus müssen die Kunden, die sich beglückt zu bestimmten Möbeln entschieden haben, ihre Möbelstücke an der Laderampe für die Warenanlieferung zwischen den Mülltonnen abholen. Positivbeispiel: Bei IKEA ist der Ausgang beim Eingang, die Warenausgabe in der Regel in der Nähe Ihres Autos.
  • Negativbeispiel: Entscheiden im Möbelhaus macht hungrig. Irgendwann braucht auch der Kopf eine Pause und man muss die getroffenen Entscheidungen "noch Mal verdauen". In den meisten Möbelhäusern muss man sich aktiv auf den Weg machen und das Restaurant in irgendeinem Stockwerk suchen. Positivbeispiel: Bei IKEA kommt man nach den großen Entscheidungen automatisch am Restaurant vorbei. Und dann beim Warten bei der Warenausgabe, kann man sich mit einem Imbiss die Wartezeit nochmals versüßen.
  • Eine Münchner Werbeagentur setzt seine Projektmitarbeiter direkt in die Büros des Kunden, um eine schnelle und einfache Abstimmung mit den Kunden zu ermöglichen.
  • Ein PKW-Hersteller hat seine Gebäudestrukturen den sich laufend wandelnden Teamstrukturen von PKW-Entwicklungsteams angepasst. Die Teamstrukturen und deren Schreibtische folgen dem Entwicklungsstand des jeweiligen PKWs.
  • Ein Hemdenbügeldienst in Frankfurt hat seinen Laden direkt in der fußläufigen Verbindungsstraße zwischen den Bankentürmen und der U-Bahn eingerichtet. Die Öffnungszeiten sind den langen Arbeitszeiten der Büros angepasst.
  • Ein weltweit agierendes Logistikunternehmen hat unterschiedliche, sehr große Kunden. Diese verwenden unterschiedliche Software in der Logistik. Das Logistikunternehmen bedient die Schnittstellen zu den Softwareprogrammen ihrer Kunden.
  • Mehrere Abteilungen eines Real Estate Unternehmens modellieren gemeinsam Prozesse, von denen sie betroffen sind und passen dann ihre jeweiligen Strukturen an.

Ihr Praxisbeispiel fügen wir gerne hier ein.